"Kaufen, Saufen, Fressen -
Jugoslawien
ist vergessen"
Der Jugoslawienkonflikt schwelte und ein
kurz zuvor noch vollkommen unvorstellbarer Krieg brach aus, unter den Augen
der Weltöffentlichkeit. Die schien tatenlos, ja hilflos zuzuschauen.
Es war unfassbar. Mitten in Europa, vor unserer Haustür, bekriegten
sich ehemalige Nachbarn, noch dazu verwandte, ehemals in einem Staatsgebilde
zusammenlebende Völker.
Sehenden Auges gingen die Verantwortlichen
des im Zerfallen begriffenen jugoslawischen Staates in einen blutigen Konflikt.
Nationalistische Politiker hetzten ehemals friedliche Nachbarn gegeneinander
auf, die jahrzehntelang normal und größtenteils gutnachbarschaftlich,
wenn auch nicht immer gut gemeinschaftlich, so doch zumindest friedlich
nebeneinander gelebt hatten, mehr oder weniger in Wohlstand, in blühenden
und mit allem versorgten Dörfern. Und in Jugoslawien ging es den Menschen
lange besser als in den Nachbarländern.
Hier kann ebenso wenig wie in anderen
historischen Beispielen vom "Ausbruch eines Krieges"
die Rede sein - was ja eher eine nicht abwendbare und vom Menschen unverschuldete
oder nicht beherrschbare Naturkatastrophe suggeriert...
Unvorstellbar, dass nach mehr als 50 Jahren Frieden und relativem Wohlstand so ein Gewaltausbruch, so ein gegenseitiges brutales Abmetzeln, Ausrauben, Vergewaltigen, Demütigen zwischen vormals normalen Nachbarn möglich wird. Da fragt man sich, wie kann es dazu kommen? Warum lünchen sich Nachbarn gegenseitig, die lange Haus an Haus gewohnt haben, als Kinder gemeinsam Kirschkernweitspucken veranstaltet haben, die gleiche Schulbank gedrückt haben, vorgestern noch miteinander gefeiert haben. Die gegenseitig ihren Mädchen verstohlen nachgestellt, sie später erotisch verführt und liebevoll Kinder gezeugt und untereinander geheiratet haben. Menschen, die Jahrzehnte in Eintracht gelebt haben. Warum hassen sie sich plötzlich? Warum quälen sie sich? Warum vergewaltigen sie die Nachbarsmädchen? Warum ermorden sie die Nachbarjungen?
Wie konnte es in einem Land, das kurz zuvor noch den verheißungsvollen "Dritten Weg" verkörpert hatte, zwischen Kapitalismus und Sozialismus staninistischer Prägung, zu so einem Rückfall in die Barbarei kommen, der hart an den Faschismus Deutschlands oder Italiens erinnert? Und am Ende, wo bleibt dort noch der Unterschied bei Massenmorden, Selektion, Abschlachten und Massengräbern ???
Alles Mitläufer? Alles Opfer der Umstände? (Auch im Nachkriegsdeutschland wollte hinterher niemand vom Ausmaß der Verbrechen gewußt haben ...) Unglaublich wozu "normale Familienväter" fähig werden - erinnert sei an Vukovar, Srebrenica - um nur 2 Beispiele zu nennen.
Aber es gab auch Männer, die sich dem Wahnsinn verweigert haben, die desertierten. Nur ein Teil von Ihnen erhielt Unterstützung, wurde als Flüchtling im Ausland aufgenommen.
Die Weltöffentlichkeit, die EU schienen zuzuschauen... Ja, es ist zu hinterfragen, ob einzelne Schritte der westeuropäischen Staaten nicht noch die Entwicklung schürten und begünstigten...
Erst 1993 erfuhr ich aus der Presse von einem Dorf, das ein Jahr zuvor versucht hatte, sich der allgemeinen Kriegshysterie entgegenzustellen, in einer Umgebung ausbrechender Gewalt ein aussichtslos erscheinendes Unterfangen.
So kam ich in Kontakt mit dem Dorf Tresnjevac (Oromhegyes) und wurde dank meiner Sprachkenntnisse einer Ihrer Unterstützer und Dolmetscher - ein Verbindungsmann für Deutschland.
In diesem Dorf in
der Vojvodina konstituierte sich die Republik
Zitzer (Artikel hierzu erschienen in der taz).
Diese Website hat sich zum Ziel gesetzt, an die mutigen Frauen (!) und Männer eines ganzen Dorfes in der Vojvodina, an die Geschichte der "Geistigen Republik Zitzer" zu erinnern. Denn die Frauen waren es, die ihren Männern sagten, da geht ihr nicht hin. Ihr widersetzt Euch der Einberufung! (Was wäre gewesen, wenn die Frauen nicht so stark gewesen wären und der Zusammenhalt im Dorf nicht so groß?)
Erstaunlich, dass die Republik Zitzer RELATIV UNBEKANNT geblieben ist, von den deutschen Medien eher verschwiegen, das Thema klein gehalten wurde. Die BBC berichtete gleich, die internationale Öffentlichkeit rettete das Dorf vor Übergriffen der Jugoslawischen "Volksarmee".
Dieser mutige
Widerstand eines ganzen Dorfes hatte und hat mehr Würdigung verdient.
Aber das Beispiel hätte vielleicht zu sehr Schule machen können
?! Deserteure ! Deserteure
sind in Ländern mit allgemeiner Wehrpflicht unbeliebt.
Selbst Deserteure
der Deutschen Wehrmacht, die im 2. Weltkrieg verurteilt worden waren, galten
1993 noch als vorbestraft. Sie konnten unter der Kohl-Künkel-Regierung
noch vergeblich auf ihre Rehabilitation warten ! (Unglaublich
aber wahr! Dies geschah erst unter der rot-grünen Regierung.)
"Restjugoslawien" - ein Land, das es nun auch schon einige Zeit nicht mehr gibt - hieß, als die Website entstand, noch "Bundesrepublik Jugoslawien" und umfaßte bereits nur noch Serbien (incl. Vojvodina und Kosovo <?!>) und Montenegro.
Demnächst soll hier noch mehr über die Republik Zitzer erscheinen... eine Republik im Geiste - daher der Name GEISTIGE REPUBLIK ZITZER.
Die Geistige Republik Zitzer ist ein Beispiel:
Ziviler
Ungehorsam kann viel bewirken. Wenn Menschen zusammenhalten.
Und
wenn sie nicht im Stich gelassen werden !
Artikel zur Republik Zitzer in der taz
Links zu Zitzer (eher
historisch) - nicht mehr aktuell, zu überarbeiten ...
Weiteres zur Republik Zitzer soll hier noch ercheinen, wenn es meine Zeit erlaubt...
Zunächst möge der interessierte Leser die taz-Artikel aus
den Jahren 1993 und 1994 nachlesen, aus denen das Wichtigste hervorgeht.
Dank sei hier an Werner Paczian gerichtet, Journalist aus Münster,
der damals viel recherchierte, mehrmals nach Tresnjevac / Oromhegyes reiste
und das Friedensdorf besuchte, auch Filme drehte.
weiteres zu aktuellen Problemen von Krieg
und Frieden